Stromverbrauch im Ländervergleich: so schneiden wir ab

Von André Gerisch, 9. Juni 2019

Jahrelang kannte der Stromverbrauch innerhalb Deutschlands nur eine Richtung, er stieg kontinuierlich an. Dies sollte sich erst ab 2007 ändern, seither ist der Gesamtverbrauch rückläufig. Hierfür zeigt sich vor allem ein verändertes Bewusstsein verantwortlich, mehr denn je bemühen sich Haushalte und Gewerbe um eine Reduzierung ihres Energieverbrauchs. Hingegen ist diese Entwicklung in anderen Ländern nur bedingt festzustellen. Im heutigen Beitrag möchten wir deshalb einen Blick auf den Stromverbrauch einzelner Länder werfen.

So viel Strom verbrauchen andere Länder

Obwohl sich der Lebensstandard vieler Länder in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten angeglichen hat, steht es um den Energieverbrauch zum Teil ganz verschieden. Einige Länder verbrauchen im Vergleich zu Deutschland wesentlich mehr Elektrizität, andere hingegen weniger.

Im nachfolgenden Ranking ziehen wir keine absoluten Verbrauchswerte heran. Ansonsten würden die meisten Länder mit hoher Bevölkerung automatisch auf den vordersten Plätzen landen. Stattdessen wird der Stromverbrauch unter Berücksichtigung der Bevölkerungsanzahl betrachtet, d.h. der Verbrauch ist auf den durchschnittlichen Wert pro Kopf und pro Jahr* bezogen.
*Alle Daten stammen von der Weltbank und beziehen sich auf das Jahr 2014

Island: 53.832 kWh

Gemessen am Pro-Kopf-Verbrauch ist Island abgeschlagener Spitzenreiter. Im Vergleich verbraucht ein Isländer in einem Jahr so viel Strom, wie ein deutscher Bundesbürger während einer Dauer von siebeneinhalb Jahren. Allerdings ist dieser hohe Energieverbrauch nicht auf die privaten Haushalte, sondern die Industrie zurückzuführen. Außerdem nutzen die Isländer ausschließlich erneuerbare Energien, was deren Klimabilanz stark relativiert.

Norwegen: 23.000 kWh

Auch die Norweger verbrauchen unverhältnismäßig viel Strom. Hier ist der hohe Verbrauch nur bedingt dem industriellen Sektor geschuldet. Norwegen verfügt seit jeher über einen kostengünstigen Zugriff auf fossile Energieträger, was einen niedrigen Strompreis zur Folge hat. Deswegen halten sich die Bemühungen zum Energiesparen in Grenzen, was unter dem Strich bedeutet, dass viele Norweger ihren persönlichen Stromverbrauch erheblich senken könnten.

USA: 12.984 kWh

Aufgrund von Lebensstandard und Lebensweise zählen US-Amerikaner schon seit langer Zeit zu den Erdenbürgern, die verhältnismäßig viel Strom verbrauchen. Ob Klimaanlage oder Elektroheizung – gerade im privaten Umfeld könnten erhebliche Einsparungen erzielt werden.

Deutschland: 7.035 kWh

Mit rund 7.000 Kilowattstunden verbraucht der deutsche Bürger vergleichsweise viel Strom. Einerseits ist dieser hohe Verbrauch dem gewerblichen Sektor geschuldet. Andererseits genießen wir einen sehr hohen Lebensstandard und haben viele Elektrogeräte in Betrieb, womit sich der Mehrverbrauch gegenüber vielen anderen Ländern erklären lässt.

Pakistan: 472 kWh


In weniger entwickelten Ländern verbrauchen Unternehmen und Privathaushalte deutlich weniger Energie. Ein typisches Beispiel ist Pakistan, wo zwar die meisten Menschen über Zugang zu Elektrizität verfügen, sich jedoch weniger Elektrogeräte im Einsatz befinden.

Hinweise zu den Daten

Die genannten Pro-Kopf-Werte sind mit Vorsicht zu genießen, denn sie können leicht zu falschen Rückschlüssen führen. Wie aus den einzelnen Länderbeschreibungen hervorgeht, ist der teilweise hohe Stromverbrauch nur bedingt auf den privaten Sektor zurückzuführen. Wirtschaftliche Faktoren und auch klimatische Bedingungen haben großen Einfluss auf den Energieverbrauch eines Landes.

Island ist das Paradebeispiel. Allein drei Viertel des gesamten Verbrauchs sind der Industrie geschuldet. Entsprechend liegt der tatsächliche Pro-Kopf-Verbrauch im privaten Umfeld deutlich geringer. Je nach Zielsetzung müssten Ländervergleiche auf Basis solcher Daten vorgenommen werden, wobei diese jedoch nicht für jedes Land verfügbar sind.

Vergleich mit dem eigenen Stromverbrauch

Aus unserer Sicht ist es ohnehin viel interessanter, den persönlichen Stromverbrauch zu ermitteln und zu hinterfragen. Die Ermittlung ist ein Kinderspiel, der gesamte Verbrauch eines Jahres lässt sich unkompliziert von der Stromabrechnung ablesen. Liegt dieser Wert vor, wird er am besten durch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen geteilt, um damit die Basis für einen Vergleich zu schaffen.

So benötigt beispielsweise laut der Energieagentur NRW ein 1-Personen Haushalt im Durchschnitt nur 2.229 kWh pro Jahr. Leben mehr Personen in einem Haushalt, nimmt der Wert verständlicherweise langsamer zu, weil sich die Effizienz / Auslastung einzelner Elektrogeräte verbessert. So kommt ein 3-Personen Haushalt auf durchschnittlich 4.193 kWh pro Jahr.

Die Zielsetzung eines engagierten Verbrauchers könnte darin bestehen, diese Werte zu schlagen, d.h. selbst weniger Strom zu verbrauchen. Im Regelfall ist diese Möglichkeit gegeben, wobei auch zu berücksichtigen ist, welche Verbraucher in die Berechnung einfließen. Angenommen es wird mit Strom geheizt, so wird der Verbrauch zwangsläufig überdurchschnittlich hoch bemessen sein. Im Gegenzug würde dies aber auch bedeuten, dass keine anderen Energieträger zum Betrieb der Heizung gebraucht werden, denn letztlich wird der Stromverbrauch nur in seltenen Fällen die gesamte Energiebilanz eines Privathaushalts widerspiegeln.